Omotenashi – 3 Japanischlektionen für Servicedesks
Eines der weniger bekannten japanischen Konzepte nennt sich Omotenashi. Aber was hat das mit Ihrem Servicedesk zu tun? Meiner Meinung nach: jede Menge. Es gibt nämlich drei Lektionen aus diesem Konzept, die Sie sehr gut auf Ihren Servicedesk übertragen können.
Omotenashi als Beispiel für Service Excellence
Vorab, ich bin ein großer Japan-Fan und verbringe regelmäßig meinen Urlaub dort. Im Winter 2017 machte ich mich mal wieder auf in meine zweite Heimat Japan. Nach drei Flügen kam ich endlich am Sapporo-Flughafen in der Nähe von Sibirien an. Nach der Zollabfertigung fand ich mehrere Schalter zum Ausleihen von SIM-Karten vor.
Die Dame hinter dem Schalter sprach sehr gutes Englisch und konnte mir unglaublich schnell weiterhelfen. Sie bat mich um meinen Reisepass und füllte meinen Namen sowie andere persönliche Daten selbst im Vertragsformular aus. Ich musste nur noch meine Anschrift ergänzen und das Formular unterschreiben. Danach ersetzte sie äußerst professionell die niederländische SIM-Karte meines Handys mit einer japanischen. Sie schaltete mein Handy wieder an, bat mich um Eingabe meines PINs. Danach prüfte sie mein Handy für mich, um dafür zu sorgen, dass alles richtig funktioniert. Zuletzt legte sie meine alte SIM-Karte in ein Tütchen und händigte mir mein Handy, das Tütchen und den Vertrag aus.
Der ganze Prozess dauerte nur wenige Minuten. Danach fragte sie mich, was ich als nächstes am Flughafen machen wollte. Ich sagte ihr, ich wolle den Zug in die Stadt nehmen. Sie fragte mich, ob ich bereits einen Japan Rail Pass habe (hatte ich). Außerdem wies sie mir den Weg zum Schalter, bei dem mit genanntem Pass Fahrkarten gekauft werden können. Und das, ohne dass ich diesbezüglich um Hilfe gebeten hätte.
Wow.
Warum ist dies ein gutes Beispiel für Servicedesks?
Eine solcher Schalter ist einer, zu dem die meisten am liebsten gar nicht gehen möchten, genau wie bei einem Servicedesk. Ich hätte mich lieber auf magische Art und Weise zu meinem Hotel teleportiert und direkt ein traditionelles japanisches Bad genossen. Genauso hätte ich auch lieber direkt ein funktionierendes Headset, anstatt den IT-Servicedesk um Hilfe bitten zu müssen, wenn mein aktuelles Headset den Geist aufgibt.
Was ist Omotenashi?
Welche Philosophie steckt hinter diesem erstklassigen Service in Japan? Lassen Sie mich das Hauptkonzept erklären.
Omotenashi. Dieser Begriff erlangte außerhalb Japans erstmals Bekanntheit, als er in der japanischen Bewerbung zur Austragung der Olympischen Spiele verwendet wurde. Omotenashi ist so alt wie die traditionelle japanische Teezeremonie. Trotzdem ist es außerhalb seines Heimatlandes so unbekannt, dass nicht einmal eine Wikipediaseite dafür existiert.
Omotenashi (おもてなし) lässt sich schwer übersetzen, genau wie andere japanische Begriffe wie „Sushi“ und „Sumo“. Im Grunde geht es um die folgenden drei Kernwerte:
- Die Bedürfnisse des Benutzers komplett vorherzusehen; wie es beim Beispiel des SIM-Karten-Schalters gezeigt wurde. Dort wurde mir auch direkt geholfen, den Weg zum Hotel zu finden.
- Ein Auge für Details: Aus genau diesem Grund ist japanische Qualität weltweit bekannt.
- Sie freuen sich aufrichtig darüber, dass ein Kunde zu Ihnen gekommen ist. Aus diesem Grund ist in Japan das Konzept des Trinkgelds völlig unbekannt.
Aus Omotenashi Nutzen für Ihren Servicedesk ziehen
Wie können Servicedesks sich dieses Konzept in der Praxis zu Nutze machen? Wenn Sie sich Service Excellence als Ziel gesetzt haben, sollten Sie versuchen, jeden dieser drei Kernwerte des Omotenashi in Ihre Serviceerbringung zu integrieren. Rufen Sie sich als Beispiel dafür mein Erlebnis bei unserem Servicedesk in Erinnerung, als mein Headset plötzlich den Geist aufgegeben hat.
1. Die Bedürfnisse des Melders vorhersehen
Meiner Kollegin aus der IT war bewusst, dass die schnellste Lösung gewesen wäre, meinen Laptop zu behalten und das Problem in Ruhe zu beheben. Aber ebenso war ihr bewusst, dass ich ohne den Laptop nicht arbeiten kann. Sie fragte mich also, wann ich Mittagspause mache, sodass sie mein Problem in der Zwischenzeit beheben könnte, ohne dass meine Arbeit davon unterbrochen würde. Natürlich war ich auch frustriert und musste dem Luft machen – warum gibt die Technik einfach so ohne Vorwarnung den Geist auf? Es war schön zu sehen, dass es meiner Kollegin aus der IT den gleichen Frust bereitete. Wir haben einen Moment lang zusammen unseren Frust über Microsoft herausgelassen. Dadurch wurde ich darin bestärkt, dass nicht ich das Problem verursacht hatte (ich musste nicht den schrecklichen Begriff „Benutzerfehler“ hören).
2. Ein Auge für Details
Meine Kollegin aus der IT hat nicht nur die Symptome untersucht und mein Problem gelöst, sondern auch nach der tatsächlichen Ursache geforscht. Die Ursache könnte tatsächlich allgemein sein und somit jederzeit bei anderen Kollegen mit diesem Headsets auftreten. Wenn Sie Probleme nicht nur dann beheben, wenn sie auftauchen, sondern etwas tiefere Ursachenforschung betreiben, können Sie verhindern, dass sich Probleme einnisten und verbreiten.
3. Sich aufrichtig darüber freuen, dass der Melder zu Ihnen gekommen ist
Ich wurde namentlich begrüßt und unser Servicedesk vermittelte mir das Gefühl, dort willkommen zu sein und nicht jemanden von wichtigerer Arbeit abzuhalten.
Mehr Inspiration für ein großartiges Serviceerlebnis
Sie müssen nicht so weit gehen, sich vor Ihren Meldern zu verbeugen, aber es ist gar nicht so schwer, den Mitarbeitern und Kunden das “Gefühl eines roten Teppichs” zu vermitteln.
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