Was ist Swarming? Und welchen Nutzen kann Ihr IT-Support daraus ziehen?
Höchstwahrscheinlich bearbeitet Ihr IT-Support seine Tickets momentan nach dem traditionellen dreistufigen Support-Modell. Haben Sie bereits von Swarming gehört? Ihre Organisation kann sehr viel davon profitieren. Aber was ist Swarming? Und worin liegen die Vorzüge für Ihre Melder (Mitarbeiter und Kunden) und Bearbeiter? Lernen Sie, warum es sich beim Swarming mehr um Kultur als um Struktur dreht.
Dreistufiger Support
Bevor wir uns dem Swarming widmen, sollten wir uns nochmal das traditionelle dreistufige Support-Modell aus dem ITIL-Framework in Erinnerung rufen. Das dreistufe Modell organisiert ihren IT-Support in drei Hauptstufen: Den Servicedesk, die technischen bzw. Applicationmanagement-Teams und den Entwickler- bzw. Anbietersupport.
Da es auf dem Prinzip der Eskalation aufgebaut ist, gestaltet sich das dreistufige Support-Modell strikt hierarchisch. Der Servicedesk löst die meisten der eingehenden Tickets. Sollte eine Anfrage nicht gelöst werden können, wird es an den 2nd-Level-Support weitergeleitet. Sollte es selbst dann noch tieferes Fachwissen zur Lösung erfordern, wird es an den 3rd-Level-Support weitergegeben.
Was ist Swarming?
Beim Swaming sieht das ganz anders aus: Es basiert auf Zusammenarbeit, anstatt auf dem Eskalationsprinzip. Grundsätzlich geht es beim Swarming darum, dass einer Ihrer Mitarbeiter ein Ticket von Anfang bis Ende bearbeitet. Es wird nicht durch ein mehrstufiges Support-Modell durchgereicht. Dabei nimmt sich üblicherweise der Mitarbeiter dem Ticket an, von dem auszugehen ist, dass er es am schnellsten lösen kann. Was passiert bei dieser Methode, wenn Ihr Mitarbeiter Hilfe benötigt? Anstelle des dauernden Hin- und Herschiebens von Tickets zwischen Teams, „schwärmt“ Ihr Mitarbeiter zusammen mit seinem Team auf der Suche nach der Lösung um das Problem herum, bis das Ticket gelöst ist.
Die Vorzüge des Swarming
Größere Transparenz
Swarming sorgt bei allen Beteiligten für ein besseres Erlebnis. Das dreistufige Support-Modell führt bei Ihren Mitarbeitern und Meldern oft zu Verwirrung. Bei einem dreistufigen System erfährt der Servidesk-Mitarbeiter, der das Ticket an den 2nd-Level-Support weiterreicht, nie, wie das Ticket gelöst wurde.
Dank des Swarmings muss sich Ihr 1st-Level-Support keine Sorgen mehr darüber mehr machen, ob der Melder die benötigte Hilfe erhalten wird. Ihr 2nd-Level-Support wird sich auch nicht mehr fragen müssen, wie und warum ein bestimmtes Ticket bei ihm gelandet ist. Und zu guter Letzt fühlen sich Ihre Melder nicht mehr hilflos, während das Ticket von Stufe zu Stufe weitergereicht wird, ohne dass eine eindeutige Bearbeitungszeit angegeben wird.
Entwicklung neuer Fähigkeiten
Swarming eröffnet neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit: Es profitiert erheblich von den unterschiedlichen Fähigkeiten Ihres Teams. Ihre Mitarbeiter lernen voneinander und arbeiten zusammen auf ein gemeinsames Ziel hin und entwickeln dabei neue Fähigkeiten. Da ein Ticket bis zur Lösung im Besitz Ihrer Mitarbeiter bleibt, können sie daraus lernen, mit jeder Art von Ticket umzugehen. Das bedeutet nicht, dass Ihre Mitarbeiter über alles in Kenntnis gesetzt werden müssen. Sie müssen lediglich wissen, wo und wie sie nach Antworten suchen können.
Selbstständigkeit der Mitarbeiter
Die flache Hierarchie, die mit dem Swarming einhergeht, verleiht Ihren Mitarbeitern in allen Rollen eine größere Selbstständigkeit. Bei einem dreistufigen System wird der 1st-Level-Support oft als unterste Stufe betrachtet. Beim Swarming werden Ihre 1st-Level-Supportmitarbeiter dazu gezwungen, Initiative zu ergreifen. Sie müssen zusammen mit Mitarbeitern der Entwicklungsteams „ausschwärmen“, um die Lösung für ein Problem zu finden. Damit gibt Ihr 1st-Level-Support die Schilderungen der Melder an Ihre Entwickler weiter, damit diese wissen, wie den Meldern am besten geholfen ist.
Geringere Mitarbeiterfluktuation
Die oben genannten Vorzüge des Swarmings führen zu einem großen Gesamtvorteil: Einer geringeren Mitarbeiterfluktuation. Bei einem dreistufigen System erhalten die 1st-Level-Supportmitarbeiter üblicherweise sehr wenig Ausbildung und müssen sich an bestimmte Vorgaben halten, um Tickets zu lösen. Nach einem Jahr sind sie oft gelangweilt und verabschieden sich. Dank der Möglichkeiten, die das Swarming für die Zusammenarbeit bietet, bleiben Ihre Mitarbeiter motiviert und glücklich. Sie werden sich neue Fähigkeiten aneignen und erhalten die Möglichkeit, mehr über Fachbereiche zu lernen, für die sie sich interessieren. Da Menschen sich natürlich dazu hingezogen fühlen, ihre Interessen und Leidenschaften zu verfolgen, wird sich durch das Swarming das Fachwissen Ihres Teams verbreitern. Jeder gewinnt!
Tipps zur Implementierung
Ihnen sind die vielen Vorzüge des Swarmings für Ihre Melder und Mitarbeiter nun bewusst. Spielen Sie mit dem Gedanken, das Swarming für Ihren IT-Servicedesk zu implementieren? Dann sollten Sie die folgenden Punkte stets im Hinterkopf behalten.
1. Betrachten Sie das Swarming als kulturell und nicht strukturell
Wenn das Swarming bei Ihrem Team ein Erfolg sein soll, müssen Sie es als kulturellen Wandel betrachten und nicht als strukturellen. Es ist wichtig, die dazu passenden Mitarbeiter in Ihrem Team zu haben. Beim Einstellen neuer Mitarbeiter sollten Sie auf Neugierde und Hilfsbereitschaft achten. Neugier kann man niemandem beibringen und dennoch bietet sie die Grundlagen, die zur Problemlösung erforderlich sind. Auch Hilfsbereitschaft hat beim Swarming einen hohen Stellenwert. Ihr Team wird nicht weit kommen, wenn sie schnell die Flinte ins Korn werfen und „Dafür bin ich nicht zuständig“ sagen.
Ihre bereits bestehenden Mitarbeiter müssen sich eine neue Arbeitsweise aneignen. Der Übergang von einem dreistufigen System zum Swarming stellt für alle eine große Umstellung dar. Zunächst könnten Ihre Mitarbeiter Probleme mit einem größeren Maß an Selbstständigkeit haben. Daran ist nichts ungewöhnlich. Sie müssen Ihre Mitarbeiter dazu anleiten, sich die neu gewonnene Selbstständigkeit zu Nutzen zu machen. Dabei müssen Ihre Mitarbeiter lernen, sich mehr auf die Melder und weniger auf „die Regeln“ zu konzentrieren.
2. Ändern Sie Ihre Art und Weise, wie Sie Erfolgskriterien verwenden
Swarming wird nur dann funktionieren, wenn Sie der Zufriedenheit Ihrer Melder die höchste Priorität angedeihen lassen. Damit einher geht, dass Sie Ihre Melder über Ihre eigenen Ziele stellen müssen. Ihre Mitarbeiter sollten sich nicht vor die Wahl gestellt fühlen, ob sie den Melder oder ihren Chef glücklich machen wollen. Sollten Ihre Mitarbeiter eine Gelegenheit sehen, das allgemeine Qualitätsniveau Ihres IT-Supports zu steigern, sollten sie sich darauf konzentrieren können. Sie sollten sich keine Sorgen darüber machen müssen, wie dies ihre persönlichen Statistiken verändern kann und welche Konsequenzen daraus entstehen könnten.
Wieso sollte es beispielsweise ein Zeitlimit für Support-Anrufe geben? Beenden Sie ein Gespräch vorzeitig, wird der Melder üblicherweise am nächsten Tag erneut anrufen und damit noch mehr Ihrer Zeit in Anspruch nehmen. Anstatt auf Kennzahlen zu setzen, sollten Sie Ihren Mitarbeitern erlauben, die Melder während dem Prozess auf dem neuesten Stand zu halten, damit sie genau wissen, wie der aktuelle Fortschritt aussieht.
Das heißt nicht, dass manche Ihrer traditionellen Kennzahlen keine Bedeutung mehr haben. Sie sollten diese lediglich nicht mehr dazu verwenden, Ihre Mitarbeiter zu überwachen oder anzuspornen. Stattdessen sollten Sie diese Kennzahlen verwenden, um Ihren IT-Support konstant zu verbessern und dabei die Benutzerzufriedenheit zu beachten. Verwenden Sie die gleichen Kennzahlen, aber achten Sie stattdessen auf das Serviceerlebnis und nicht auf die Mitarbeitereffizienz.
Erfahren Sie mehr darüber, welche 4 KPIs zur Benutzerzufriedenheit Sie bei Ihrem Servicedesk verwenden sollten
Bereit für den Umstieg?
Sind Sie bereit, sich endgültig vom dreistufigen Modell zu verabschieden? Wissensmanagement stellt einen wichtigen Teil des Swarming dar, deshalb ist es zunächst wichtig, erst einmal das Abteilungsdenken Ihres IT-Teams in Bezug auf Wissen abzustellen. Lesen Sie unseren Leitfaden zum Wissensmanagement und lernen Sie, wie der Wissensaustausch Ihren IT-Support auf die nächste Stufe bringen kann.
Inspirieren Sie andere, teilen Sie diesen Blog